Ein Großteil der öffentlichen Ausgaben in Deutschland entfällt auf die Länder; im Jahr 2020 waren dies immerhin 487 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte der gesamtstaatlichen Ausgaben (ohne Ausgaben der Sozialversicherung) wird damit über die Länder abgewickelt. Vor diesem Hintergrund ist von Interesse, wie sich deren Ausgaben in den kommenden Jahren fortentwickeln werden und welche einnahmeseitigen Beschränkungen dem gegenüberstehen. Wenn die Ausgabenverpflichtungen stärker zunehmen als die Einnahmen, müssen frühzeitig Anpassungen eingeleitet werden. Da die Länder entsprechend der Vorgaben der gesamtwirtschaftlichen Schuldenbremse jedoch keine Kredite aufnehmen dürfen und Steuererhöhungen zumindest derzeit nicht in Erwägung gezogen werden, geht dies nur über Einsparungen auf der Ausgabenseite des Budgets. Angesichts gesetzlicher Verpflichtungen wird das gerade jene Bereiche »freiwilliger« Leistungen betreffen, die die regionale Lebensqualität bestimmen. Hierzu gehören zum Beispiel das Angebot öffentlicher Dienstleistungen (auch auf kommunaler Ebene, da diese zu einem guten Teil durch Zuweisungen der Länder finanziert werden) oder auch eigene Infrastrukturinvestitionen der Länder. Das wiederum kann auch die Gewährleistung »gleichwertiger Lebensverhältnisse« beeinträchtigen.
Im Folgenden wird eine – notgedrungen annahmegestützte – Abschätzung der Entwicklung von Ausgaben und Einnahmen der Länder bis zum Jahr 2035 vorgelegt, um die anstehenden Herausforderungen quantifizieren zu können und der Politik damit eine Hilfestellung zu geben, welche Anpassungen in den öffentlichen Haushalten in den nächsten Jahren erforderlich sein werden. Die Analyse geht dabei von den länderseitigen Ausgaben und Einnahmen des Jahres 2019 aus, das noch nicht von der Coronapandemie beeinflusst war und deswegen am ehesten für eine Fortschreibung geeignet scheint. Natürlich besteht bei einer Vorausschätzung der finanziellen Rahmendaten eine Vielzahl von Unwägbarkeiten, zur künftigen wirtschaftlichen Entwicklung beispielsweise oder zu politisch motivierten Ausgabenentscheidungen. Die Erfahrung lehrt ja, dass die Ausgabenwünsche immer weiter wachsen und dass insbesondere nach Neuwahlen alle in einer Regierung vereinten Parteien ihre Versprechungen aus dem Wahlkampf einlösen wollen. Insoweit handelt es sich bei den hier vorgelegten Rechnungen nicht um eine Prognose im engeren Sinne, sondern eher um eine »Projektion« unter der Annahme einer unveränderten Politik und eines normalen Konjunkturverlaufs. Die Untersuchung zielt somit vor allem darauf ab, mögliche Haushaltsrisiken aufzuzeigen und daraus resultierende Handlungsbedarfe abzuleiten.
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Nahezu überall bestehen erhebliche Anpassungsnotwendigkeiten, die vor allem auf demografische Faktoren (Schrumpfung und Alterung der Bevölkerung als wesentliche Treiber sowohl der Ausgabenbedarfe als auch der (Steuer-)Einnahmen) zurückzuführen sind.
Zudem haben viele Länder in den vergangenen Jahren eine Haushaltspolitik betrieben, die eine Langfristperspektive vermissen ließ und eher kurzfristig Ausgabenwünsche zu erfüllen trachtete. Einmal beschlossene Ausgaben lassen sich aber nur schwer wieder zurückführen, wenn erst einmal eine Gewöhnung der politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger wie auch der privaten Akteurinnen und Akteure hieran stattgefunden hat.
Dies entbindet die Verantwortlichen jedoch nicht von der Pflicht, im Interesse nachfolgender Generationen jetzt auch unbequeme Entscheidungen durchzusetzen.
Prof. Dr. Joachim Ragnitz
Stellvertretender Leiter der ifo-Niederlassung Dresden & Honorarprofessor an der Technischen Universität Dresden
1960 in Nordhorn geboren
1986 – 1989 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Wirtschaftspolitik, Universität
zu Köln, Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln
1989 – 1994 wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Wiesbaden
1994 – 2007 Abteilungsleiter am Institut für Wirtschaftsforschung Halle
ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. ist eine Münchner Forschungseinrichtung, die sich mit der Analyse der Wirtschaftspolitik beschäftigt und monatlich den ifo-Geschäftsklimaindex ermittelt.
Entwicklung der öffentlichen Ausgaben und Einnahmen bis zum Jahr 2035
Im Jahr 2019 lagen die Pro-Kopf-Ausgaben der Flächenländer zwischen 4.250 Euro in Niedersachsen und 5.780 Euro in Mecklenburg-Vorpommern (die Stadtstaaten bleiben in diesem Beitrag unberücksichtigt, weil hier eine eindeutige Trennung zwischen kommunalen und landesseitigen Ausgaben und Einnahmen nicht möglich ist). Auffällig ist dabei nicht nur die enorme Spannweite von 37 Prozent zwischen den beiden genannten Ländern, sondern auch, dass die ostdeutschen Länder (trotz insgesamt geringerer Finanzkraft) die höchsten Pro-Kopf-Ausgaben aufwiesen – Folge unter anderem der in jenem Jahr noch bestehenden Begünstigungen durch den inzwischen ausgelaufenen Solidarpakt II.
Die Unterschiede in der Höhe der länder- spezifischen Ausgaben reflektieren dabei in starkem Maße die zur Verfügung stehenden regulären Einnahmen aus Steuern.
Zwar erfolgt über den bundesstaatlichen Finanzausgleich eine weitgehende Nivellierung der Finanzkraft der einzelnen Länder, aber wegen der Definition der Finanzkraft kann die tatsächliche Steuerkraft hiervon abweichen. Zudem profitieren die einzelnen Länder unterschiedlich stark von Zuweisungen des Bundes und der EU. Nur in wenigen Ländern wurden im Jahr 2019 noch neue Schulden aufgenommen oder auf bestehende Rücklagen zurückgegriffen.
Wichtigster Posten auf der Ausgabenseite sind die laufenden Zuweisungen an Dritte mit 45 Prozent im Länderdurchschnitt. Hier schlagen insbesondere die Zahlungen an die Gemeinden zu Buche, da diese verfassungsrechtlich als Teil der Länder gelten und deswegen von diesen mit den notwendigen Mitteln zur Erfüllung ihrer Aufgaben
versorgt werden müssen. Bedeutsam sind darüber hinaus aber auch die Personalausgaben mit 22 Prozent sowie die Beamtenpensionen (zehn Prozent, allerdings mit erheblichen Unterschieden zwischen den westdeutschen und den ostdeutschen Ländern). Alle anderen Ausgaben sind hingegen für sich genommen in den meisten Ländern von untergeordneter Bedeutung (vgl. Abbildung 1). Dies aber bedeutet, dass insbesondere die Dynamik der »großen« Ausgabenpositionen die künftige Entwicklung der Ausgabenbedarfe bestimmt.
Würde ungeachtet der Einnahmenentwicklung in den kommenden 15 Jahren an den bisherigen politischen Prioritätensetzungen festgehalten, würden die Ausgaben (ohne einmalige Ausgaben) überall stark zunehmen (vgl. Abbildung 2). Im Schnitt aller Flächenländer würde der Anstieg der Ausgaben (in heutigen Preisen gerechnet) knapp elf Prozent betragen. Besonders hoch ist der projizierte Ausgabenzuwachs in den finanzschwächeren westdeutschen Ländern (Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen) mit Zuwachsraten von mehr als 13 Prozent bis zum Jahr 2035. Die ostdeutschen Länder würden demgegenüber deutlich unterproportionale Steigerungen aufweisen, u. a. bedingt durch verringerte (fremdfinanzierte) Investitionsausgaben infolge des Auslaufens des Solidarpaktes II ab 2020 und die allmähliche Abnahme der Zahlungen für die Sonder- und Zusatzversorgungssysteme für ehemalige DDR-Beschäftigte. Hinzu kommt, dass die ostdeutschen Länder überproportional an Einwohnerinnen und Einwohnern verlieren werden, sodass sich auch von dieser Seite her der Ausgabenbedarf prinzipiell verringert. Allerdings müssten die dadurch eröffneten Einsparpotenziale auch genutzt werden; in der Projektionsrechnung ist unterstellt, dass dies nur ansatzweise gelingt.
Der Grund für den starken Ausgabenanstieg liegt darin, dass viele Ausgabenposten vertraglich oder gesetzlich gebunden sind und deswegen kaum verringert werden können.
Wichtigster Ausgabentreiber sind die Versorgungsausgaben, die im Schnitt aller Länder um 40 Prozent zulegen werden – Folge der Einstellungswelle in den 1970er Jahren in Westdeutschland, die nunmehr zu einer gesteigerten Zahl an Pensionierungen führt. Diese lassen sich nicht verringern, da die Höhe der Beamtenpensionen fixiert und die Zahl der potenziellen Empfängerinnen und Empfänger exogen bestimmt ist.
Außerdem werden die Zinszahlungen im Betrachtungszeitraum deutlich zunehmen, wenn auch von niedrigem Niveau aus. Dies liegt vor allem daran, dass sich die Bundesländer im Zuge der Coronakrise stark verschulden mussten und die hierauf entfallenden Zinsen in den kommenden Jahren die Länderhaushalte belasten werden. Der Anstieg dieser Ausgabenposition würde sich nur verringern lassen, wenn die Zinsen dauerhaft niedrig blieben (in den Projektionsrechnungen wurde für das Jahr 2035 ein Zinssatz von drei Prozent unterstellt) oder die aufgenommenen Kredite deutlich früher getilgt werden würden. Die Ausgaben für aktives Personal werden demgegenüber lediglich im Ausmaß der Tariflohnsteigerungen im öffentlichen Dienst von annahmegemäß real ein Prozent steigen; dabei ist unterstellt, dass die Stellenzahl auch bei veränderter Bevölkerungszahl konstant gehalten wird. Die Zuweisungen an Dritte, insbesondere die Kommunen, wurden mit unterschiedlichen Indikatoren fortgeschrieben (Lohnentwicklung, Entwicklung des allgemeinen Steueraufkommens). Sie steigen ebenfalls kräftig an.
Für Förderprogramme und (eigenfinanzierte) Investitionsausgaben wurde zunächst die Annahme getroffen, dass diese im Ausmaß der Inflationsrate ansteigen, real also konstant bleiben. Angesichts des vielfach vermuteten »Investitionsstaus« auch auf der Länderebene und den Notwendigkeiten einer Anpassung an den Klimawandel ist dies allerdings eine recht optimistische Annahme.
Die Dramatik der projizierten Ausgabenentwicklung wird insbesondere bei Betrachtung der Zuwachsraten von 2019 bis 2035 deutlich (vgl. Abbildung 3). Zwar steigen diese in einigen Ländern nur maßvoll an (vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen). Die Pro-Kopf-Ausgaben werden jedoch in manchen Ländern geradezu explodieren, nämlich überall dort, wo die Bevölkerung stark schrumpft (Sachsen-Anhalt und das Saarland). Hier werden die Pro-Kopf-Ausgaben ohne einschneidende Maßnahmen um rund 20 Prozent zunehmen. Auch viele andere Länder sind mit einem Anstieg der Pro-Kopf-Ausgaben konfrontiert, der weitaus stärker ausfällt als die Zunahme der absoluten Ausgaben.
Ob die steigenden Ausgabenbedarfe tatsächlich auch so realisiert werden können, hängt aber natürlich von der Entwicklung der Einnahmen der Länder ab, die eine bindende Restriktion für die Ausgabendynamik darstellt. Diese werden – ohne einmalige Einnahmen wie z. B. Privatisierungserlöse oder Entnahmen aus Rücklagen – im Schnitt aller Flächenländer mit 5,3 Prozent nur etwa halb so stark zunehmen wie die projizierten Ausgaben. Dabei gibt es aber deutliche Unterschiede zwischen den Ländern (vgl. Abbildung 4).
Vor allem die finanzstärkeren Länder und jene mit prognostizierten Bevölkerungsgewinnen werden ihre Einnahmen überproportional steigern können. Das liegt zu einem guten Teil daran, dass der Finanzkraftausgleich einwohnerbasiert ist.
Länder mit schrumpfender Bevölkerung erhalten deswegen zwar nicht pro Kopf, aber in der Summe einen kleineren Anteil am gesamtstaatlichen Steueraufkommen im Vergleich zu Ländern mit wachsender Bevölkerung, deren Anteil sich folglich vergrößert. Länder mit starken Bevölkerungsrückgängen bis 2035 (das sind vor allem die ostdeutschen Länder, die überdies noch das Auslaufen des Solidarpaktes II ab dem Jahr 2020 zu verkraften haben) werden deswegen auch nur einen geringen Einnahmezuwachs erreichen. In einigen Ländern wie Sachsen-Anhalt, Saarland und Mecklenburg-Vorpommern werden die realen Einnahmen im Jahr 2035 sogar niedriger ausfallen als im Basisjahr 2019, auch wenn die Einnahmen je Einwohnerinnen und Einwohnern sich hier nur wenig schwächer entwickeln als im gesamtdeutschen Durchschnitt.
Die Entwicklung des regionalen BIP (und damit der regionalen Steuereinnahmen) spielt hingegen für die Entwicklung der Einnahmen nur eine untergeordnete Rolle; hier ist vielmehr allein die Zunahme des gesamtdeutschen Steueraufkommens bedeutsam. Dieses wird infolge der pandemiebedingten Rezession im Jahr 2020 und der mittel- bis langfristig ungünstigen Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials nach den diesem Beitrag verwendeten Projektionsrechnungen bis zum Jahre 2035 preisbereinigt allerdings nur noch um 0,7 Prozent pro Jahr zunehmen.
Im Ergebnis werden viele Bundesländer sich im Jahre 2035 einer massiven Lücke zwischen Ausgaben und Einnahmen gegenübersehen (vgl. Abbildung 5). Der »Konsolidierungsbedarf«, ausgedrückt als Anteil der ungedeckten Ausgaben an den
Ausgaben insgesamt, beläuft sich in den besonders betroffenen Ländern Brandenburg und Sachsen-Anhalt zum Ende des Betrachtungszeitraums auf mehr als 15 Prozent. Auch das Saarland (13,5 Prozent ungedeckte Ausgaben) und Mecklenburg-Vorpommern (Konsolidierungsbedarf in Höhe von 10,1 Prozent der Ausgaben) stehen vor erheblichen Problemen. Nur die besonders finanzkräftigen Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen werden auch im Jahr 2035 noch einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben aufweisen.
Verfolgt man aktuelle Diskussionen auf Länderebene, so muss man bezweifeln, dass die Dramatik der Entwicklung allen handelnden Akteurinnen und Akteuren tatsächlich bewusst ist. Man wird frühzeitig beginnen müssen, die Ausgaben an die sich verengenden Einnahmespielräume anzupassen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass zu späteren Zeitpunkten um so drastischere Maßnahmen erforderlich sein werden. Gleichzeitig dürfte es angesichts dieser Entwicklungen in den kommenden Jahren auch zu einer Diskussion über einnahmeverbessernde Maßnahmen (also zu einer Erhöhung der den Ländern zufließenden Steuern bzw. einer Umverteilung der Steuereinnahmen zu ihren Gunsten) kommen. Auch eine neuerliche Reform des Finanzkraftausgleichs zwischen den Ländern könnte dann wieder auf die Agenda geraten.
Fast alle Bundesländer stehen in den kommenden Jahren vor großen Problemen, ihre öffentlichen Haushalte wieder ins Lot zu bringen. Nicht zuletzt aufgrund großzügiger Ausgabenentscheidungen in der Vergangenheit droht vielen ein Defizit – das nach den Regeln der Schuldenbremse aber nicht durch Kreditaufnahmen gedeckt werden kann.
Es wäre fatal, wenn man die aktuell noch bestehenden Verschuldungs- möglichkeiten aufgrund der Corona- pandemie dazu nutzen würde, durch Kreditaufnahmen heute auch reguläre Ausgaben von morgen finanzieren zu wollen.
Dies ist nicht nur rechtlich fragwürdig, sondern sendet auch ein fatales Signal aus, nämlich dass die Politik nicht bereit ist, sich an selber aufgestellte Regeln zu halten.
Wesentlicher Treiber der Einnahmenentwicklung der Bundesländer ist indes die Demografi e. Der Einfl uss ist dabei sowohl ein direkter – weniger Bevölkerung bedeutet weniger Einnahmen aus Umsatzsteuerverteilung und darauf aufb auendem Finanzkraft ausgleich – als auch ein indirekter – eine geringere Einwohnerzahl dämpft die wirtschaft liche Entwicklung und damit die Entwicklung der Steuereinnahmen. Da viele Ausgaben nicht oder nur langfristig an die Einwohnerzahlen angepasst werden können, werden gerade jene Länder mit rückläufi ger Bevölkerung stark unter Druck geraten. Dieses Problem lässt sich ohne Steuerrechtsänderungen oder eine Reform des geltenden Systems der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nicht aufl ösen und erfordert insoweit zwangsläufi g Anpassungen bei den Ausgaben, die sich mittelfristig allerdings auch negativ auswirken können.
Die hierbei entstehenden Schwierigkeiten sind off enkundig: Ausgaben, die auf gesetzlich fi xierten Leistungszusagen (wie z. B. Sozialausgaben) oder bindenden Verträgen (z. B. Versorgungsleistungen) beruhen, können überhaupt nicht reduziert werden. Auch bei den Personalausgaben ist eine Anpassung schwierig, da hier eine Nichtwiederbesetzung frei werdender Stellen erforderlich wäre. Zwar wird man in Teilbereichen den Personalbestand (und damit die Ausgaben) reduzieren können
– so bei Leistungen, die unmittelbar von der Zahl der zu versorgenden Menschen abhängig sind (beispielsweise Bildungsausgaben, die parallel zur sinkenden Zahl der Schülerinnen und Schüler sowie Studierenden verringert werden könnten) –, die Widerstände gegen eine weitere Einschränkung der öff entlichen Verwaltung werden aber erheblich sein.
Insoweit stehen nur noch die »freiwilligen« Ausgaben der Länder für eine Anpassung auf der Ausgabenseite zur Verfügung, und dies sind im Wesentlichen Fördermittel an private Unternehmen und öff entliche Investitionen. Beides spielt aber gerade mit Blick auf die Stärkung der wirtschaft lichen Entwicklung in struktur schwachen Regionen eine wichtige Rolle.
Auch wenn viele staatliche Subventionen im Zweifel reduziert werden können, weil sie nur einen geringen Fördereff ekt haben dürft en, kann insbesondere die Verringerung der öff entlichen Investitionen einen dauerhaft negativen Eff ekt auf die Standortqualität haben und damit die wirtschaft liche Entwicklung beeinträchtigen. Dies gilt um so mehr, als vielfach angenommen wird, dass im Zuge eines Übergangs zu einer weitgehend klimaneutralen Wirtschaft oder zur Überwindung eines »Investitionsstaus« in der Vergangenheit erhebliche öff entliche Investitionen gerade auch auf Ebene der Länder und ihrer Gemeinden erforderlich sein werden.
Eine Anpassung auf der Einnahmenseite ist hingegen unter den gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen mangels eigener Kompetenzen der Länder nicht (oder in nur sehr eingeschränktem Maße) möglich. Und darauf zu vertrauen, dass der Bund (der insbesondere wegen der demografiebedingt steigenden Ausgaben für die Alterssicherung) ebenfalls unter finanziellen Anpassungsnotwendigkeiten leidet, auf einen Teil der ihm nach geltendem Recht zustehenden Einnahmen verzichtet, wäre eine Wette auf die Zukunft, die aller Voraussicht nach eher negativ ausgehen dürfte. Es bliebe die Möglichkeit von Steuererhöhungen (oder die Einführung neuer Ländersteuern); dies könnte angesichts einer bereits heute recht hohen Steuer- und Abgabenquote sich aber ebenfalls negativ auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auswirken.
Vor diesem Hintergrund bedarf es schon frühzeitig einer Diskussion darüber, wo in den öffentlichen Haushalten Prioritäten möglicherweise falsch gesetzt sind – nicht alles, was man sich in der Vergangenheit bei günstiger Einnahmenentwicklung leisten konnte, wird man auch in Zukunft fortführen können. Diese Diskussion ist aber bereits jetzt zu führen, nicht erst dann, wenn die Finanzierungslücken so groß werden, dass sie ohne empfindliche Einschnitte auf der Ausgabenseite nicht mehr gedeckt werden können. Je früher man mit den Anpassungen beginnt, um so leichter werden sie auch tragbar sein. Langfristiges Denken, auch wenn dies der Politik genuin fremd zu sein scheint, muss also dringend wieder Einzug in die öffentliche Debatte halten.